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Digitalisierung,
Sechs Monate Unterricht mit Tablets in Bad Freienwalde

Jacqueline Westermann/ 18.02.2020

Bad Freienwalde (MOZ) 

Das unweigerliche Schütteln, wenn Fingernägel über die Tafel kratzen oder die Streitereien um den Tafeldienst erfahren Schüler des Bertolt-Brecht-Gymnasiums in Bad Freienwalde nicht mehr. „Den Klassenbuchdienst gibt es noch. Bald entfällt der, dann ist das Klassenbuch auch digital“, sagt Direktorin Kristina Doerschel. Digital ist fast der gesamte Unterricht mittlerweile. Statt weiß-auf-grün geschriebenen Geschichtsdaten schreiben die Schüler aus der Powerpoint vom Whiteboard ab. Meistens findet das Abschreiben durch Tippen statt.

Generation Digital

In der Klasse 10/2 steht Biologieunterricht an. Zwei Schüler tragen Koffer herein: Vor sechs Monaten hat das Gymnasium als Pilotschule für die vom Hasso-Plattner-Institut entwickelte HPI Schul-Cloud iPads angeschafft. Fünf der 23 Schülerinnen und Schüler haben heute eigene Tablets dabei.

„Warum sollten wir sie zwingen, die der Schule zu nutzen, wenn sie mit ihren Geräten vertraut sind?“ fragt Doerschel. In der Pause diskutierten die Schüler über Snapchat, jetzt sitzen sie mit einem Eingabestift vor den Mini-Computern. Hier lernt die Generation Digital. Viele im Kollegium nutzten die Tablets ergänzend im Unterricht. „Es ist einfach praktisch“, sagt die Direktorin. Sie könne nicht nur ihre Präsentationen für den Unterricht jederzeit abrufen, Arbeitsblätter vorher zur Verfügung stellen, sondern auch Tests digital abhalten. Die Kinder können ihre Notizen ablegen. „Sollten sie ihren Bio-Ordner verbummeln, können sie hier den Unterrichtsstoff bis zum Abitur nachlesen“, sagt Doerschel. Sie schmunzelt: „Die Leserlichkeit ist auch besser geworden.“ Aber auch die Motivation in den Klassen sei gestiegen. „Die haben da Lust drauf. Schüler, die vorher auf vier standen, lernen besser und haben sich verbessert.“

Der heutige Test über Darwin wird still bearbeitet. Die Aufgaben stehen in der Cloud, Antworten werden mit einem Klick abgeschickt. Heute gibt es Schwierigkeiten. „Kein Problem, kopiert den Text und schickt ihn mir per Mail“, reagiert Doerschel sofort mit Pragmatik. Manchmal hake es, gerade wenn alle gleichzeitig auf die Cloud zugreifen.

Papier für die Sprachen

Anna ist 15, ihre Sitznachbarin Vivian 16 Jahre alt. Beide haben ihr eigenes Tablet. Sie nutzen die Elektronik gerne, es spare Platz und Gewicht. Sie hätten aber gerne alle Bücher in elektronischer Variante. In den Sprachen-Fächern bevorzugen sie Papier. „Aber für Geschichte oder Bio sind die Übersichten auf dem Tablet gut“, sagt Vivian. Apps können helfen: Römerspuren in Bayern verfolgen, bei GeoGebra einen Graphen zeichnen, und bei Kahoot sich mit Mitschülern Quiz-Duelle liefern.

Ablenkung sei kein Problem. „Das kommt auf einen selber an. Am Anfang war es schwer, aber mit der Zeit hört man lieber zu“, sagt Anna. Einige Schüler nutzen kein Tablet, entweder möchten sie nicht oder die Eltern haben der Cloud-Nutzung nicht zugestimmt. Auch die 15-jährige Chiara schreibt lieber auf Papier. „Ab einem gewissen Zeitpunkt wird sich das aber wahrscheinlich ändern“, sagt sie.

„Tablets zu“, ruft Doerschel. Jetzt geht es mit ihrer Präsentation weiter, für eine Aufgabe soll in eben ausgeteilten Lehrbüchern recherchiert werden. Die Seiten stehen aber auch zum Nachlesen in der Cloud.